
T3CON24 Recap - Vom SysAdmin zum Plattformingenieur: Den Tech-Nachwuchs von morgen ausbilden
Vom SysAdmin zum Plattformingenieur: Nachwuchsförderung in der Tech-Branche
Die Web-Infrastruktur wird immer komplexer. Wer wird die digitale Welt von morgen aufbauen und warten? Auf der T3CON24 widmeten sich Martin Helmich und Maximilian Hafer dieser entscheidenden Frage in ihrer Session From SysAdmin to Platform Engineer: Crafting Tomorrow's Tech Talent". Sie untersuchten nicht nur, wie sich die Technologie verändert, sondern auch, wie wir die nächste Generation darauf vorbereiten können, diese Herausforderungen anzunehmen. Sie präsentierten ein überzeugendes Plädoyer für eine frühzeitige technologische Ausbildung, die technische Leidenschaft und kollaborative Fähigkeiten bei der heutigen Jugend fördert - den Menschen, die in 10 bis 20 Jahren das Web betreiben werden.
Die Entwicklung der Webtechnologien
Martin Helmich eröffnete die Session mit einem Rückblick auf seine 20-jährige Reise in der Webtechnologie und erinnerte sich an seine erste Website, die er 2004 mit TYPO3 Version 3.7 erstellt hat. "Damals schien die Technik noch relativ einfach. Wir hatten Apache, wir hatten PHP, wir hatten MySQL, und sonst nichts. Das Leben war schön", erinnerte er sich.
Diese Einfachheit steht in krassem Gegensatz zur heutigen Cloud-Native-Landschaft. Der Wandel ist tiefgreifend - von der Virtualisierung bis zu Containern, vom einfachen Hosting bis zu ausgefeilten Cloud-Plattformen, jeder Fortschritt hat dem Toolkit des Webentwicklers weitere Komplexitätsschichten hinzugefügt.
Um sich in der Cloud-Native-Karriere zurechtzufinden, muss man die riesige und schnell wachsende Landschaft der Cloud Native Computing Foundation (CNCF) verstehen, die die Komplexität veranschaulicht, mit der IT-Experten heute konfrontiert sind. Dieses überwältigende Diagramm zeigt Hunderte von Projekten und Tools im gesamten Cloud-Native-Ökosystem. "Sie können sehen, dass es nicht einmal auf den Bildschirm passt", bemerkte Helmich.
Maximilian Hafer baute auf diesem Punkt auf: Die CNCF-Landschaft "zeigt wirklich, wie schnell sich die Technik entwickelt. Jeden Tag entstehen neue Technologien, von denen man hören muss und die man lernen sollte."
Die Entwicklung der Webtechnologie ging mit erheblichen Veränderungen in der Arbeitsweise der Betriebsteams einher. Helmich erinnert sich an die Anfänge des isolierten IT-Betriebs: "Ich erinnere mich noch an die Zeit, in der ich Software entwickelte, und als ich fertig war, warf ich sie über den Zaun zu den Betriebsleuten und sagte: 'Viel Glück! Diese fragmentierte Herangehensweise hat sich inzwischen zu kooperativen Modellen entwickelt, bei denen die IT-Rollen zunehmend miteinander verbunden und voneinander abhängig sind.
Diese Entwicklungen werfen eine entscheidende Frage für die Zukunft auf: Wie bereiten wir die nächste Generation von IT-Fachleuten auf die Verwaltung dieser zunehmend komplexen Systeme vor?
"Wer auch immer das Web in 20 Jahren betreiben wird, das sind die Menschen, die heute geboren werden", betonte Helmich. "Wenn wir darüber sprechen wollen, wie das Web in 20 Jahren aussehen wird, müssen wir darüber nachdenken, wie wir die Menschen, die heute geboren werden, dazu bringen, das Web am Laufen zu halten."
Das Paradoxon der Digital Natives
Die Kinder von heute wachsen zwar inmitten von Technologie auf, aber sie beschäftigen sich oft nur als Konsumenten mit ihr, anstatt sie selbst zu gestalten. Diese Diskrepanz stellt ein Paradoxon der modernen Technologieerziehung dar.
"Die Technologie ist so einfach zu bedienen. Die Kinder wachsen heute mit Smartphones auf", so Helmich. Die intuitiven Schnittstellen moderner Geräte sind zwar benutzerfreundlich, verbergen aber die zugrunde liegende Komplexität, mit der sie funktionieren.
Dies hat zu überraschenden Wissenslücken geführt, selbst bei Studierenden der Informatik (CS). "Ich habe CS-Studenten gesehen, die nicht wissen, wie ein Dateisystem funktioniert", erzählte er. "Wir haben junge Erwachsene, die noch nie an einem Computer gearbeitet haben, selbst wenn sie in der High School CS-Unterricht haben."
Hafer betonte die zentrale Herausforderung: "Wir müssen versuchen, die Kinder und Jugendlichen von heute an einen Punkt zu bringen, an dem sie nicht nur Konsumenten dieser Technologie sind. Sie sind wirklich begeistert von KI-Modellen und ChatGPT, aber wir müssen sie an einen Punkt bringen, an dem sie die gleiche Erkenntnis haben wie wir: Es ist großartig, Software zu entwickeln. Es ist großartig, eine Infrastruktur aufzubauen."
Die Redner wiesen darauf hin, dass die natürliche Neugier und Neigung zur Technologie nicht universell ist. "Nicht jeder hat die Mittel, die Möglichkeit oder weiß, wo er mit seinen eigenen Projekten anfangen soll", erklärte Helmich und betonte die Notwendigkeit strukturierter Wege in die technische Bildung.
Ausbildung für die Tech-Talente von morgen
Im Rahmen der fortlaufenden Entwicklung technischer Talente arbeitet Hafer mit codefryx zusammen, einem 2022 gegründeten gemeinnützigen Bildungsprogramm, das Kurse für Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 18 Jahren anbietet.
Der Ansatz von codefryx besteht darin, die intrinsische Motivation zu fördern und nicht nur technische Konzepte zu vermitteln. Der Lehrplan ist darauf ausgelegt, transformative Momente zu schaffen, in denen die Kinder eine emotionale Verbindung zur technischen Entwicklung herstellen.
"Die meisten Kinder und Jugendlichen haben einen wirklich großen Aha-Moment, in dem sie sagen: 'Oh, das ist so cool! Ich habe meinen eigenen Roboter gebaut!'" bemerkte Hafer. Diese bahnbrechenden Erfahrungen wecken echtes Interesse, das zum weiteren Lernen anregt.
Der Lehrplan des Programms folgt einer durchdachten Progression. Für jüngere Kinder gibt es Einführungskurse wie Lego-Robotik und kreatives Programmieren. "In diesen Kursen können sie auf eine sehr spielerische Weise lernen". Durch diesen Ansatz wird die Begeisterung für fortgeschrittenere Themen geweckt: "Sie wollen unbedingt zu unseren fortgeschrittenen Kursen wechseln. Sie wollen Modelle für maschinelles Lernen erstellen, sie wollen ihre eigenen Spiele entwickeln".
Im Gegensatz zu vielen Bildungsprogrammen für junge Programmierer konzentriert sich codefryx auf das Offline-Lernen vor Ort. Hafer betonte, warum dieser Ansatz so wichtig ist: "Dies ist kein Ein-Personen-Job. Die Tage des Ein-Mann-Armee-DevOps-Typen sind vorbei. Wir arbeiten in wirklich komplexen, großen Teams und Soft Skills werden wichtiger denn je."
Ein weiteres Schlüsselelement ist die Arbeit mit Pädagogen. "Wir bieten auch Programme für Lehrer an, in denen sie lernen können, wie sie ihren CS-Unterricht verbessern können", erklärt Hafer. Durch die Schulung von Lehrern können sie "unsere Reichweite ganz erheblich erweitern" und ihre Wirkung weit über die direkte Interaktion mit Schülern hinaus ausdehnen.
Site Reliability Engineering (SRE) als Modell für Teams
Wie sollten wir der nächsten Generation das Wesen der modernen Teamarbeit nahebringen?
Helmich stellte fest, dass es eine Vielzahl von Begriffen gibt, um die komplexen Strukturen zu beschreiben, in denen moderne Webingenieure arbeiten: DevOps, DevSecOps, MLOps, Platform Engineering und Site Reliability Engineering (SRE). Helmich hob SRE als besonders wertvoll hervor: "Wenn wir zehn Leute fragen, was sie unter DevOps verstehen, werden wir zwanzig verschiedene Antworten erhalten." Im Gegensatz dazu ist SRE eine Disziplin, die eigentlich klar definiert ist". Er empfahl denjenigen, die mehr über das Framework erfahren möchten, die Bücher von Google über SRE.
Ein Kernprinzip von SRE ist die Eliminierung dessen, was Helmich als "Mühsal" bezeichnet - "sinnlose, sich wiederholende Aufgaben, die leicht automatisiert werden können". Er erklärte, warum Automatisierung für die Skalierung unerlässlich ist: "Wenn Sie eine allgemeine Infrastruktur haben und eine Menge sich wiederholender manueller Aufgaben benötigen, um sie am Laufen zu halten - wie soll Ihr Ingenieurteam dann skalieren? Doppelt so viele Server, doppelt so viele Systeme... Wir bekommen nicht doppelt so viele Leute."
Dies passt perfekt zur Vorbereitung der nächsten Generation, wie Hafer erklärte: "Die Generation Alpha will sich nicht mehr abmühen müssen. Also fangen Sie jetzt an zu automatisieren."
Ebenso wichtig ist die tadellose "Postmortem"-Kultur, die SRE fördert. Helmich merkte an, dass im modernen Betrieb "von den Ingenieuren erwartet wird, dass sie detailliert aufschreiben, was schief gelaufen ist, warum es schief gelaufen ist und was sie daraus gelernt haben - und all das muss ohne Tadel sein." Dieser transparente und lernorientierte Ansatz spiegelt wider, wie codefryx Kindern die Zusammenarbeit beibringt.
Die gleiche kollaborative, automatisierungs- und lernorientierte Denkweise, die erfolgreiche Tech-Unternehmen kultivieren, ist genau das, was Bildungsprogramme jungen Menschen von Anfang an einimpfen sollten.
Wie Unternehmen junge Tech-Talente fördern können
Hafer und Helmlich erkannten, dass Bildungsprogramme für junge Programmierer wie codefryx die Herausforderung der Talentförderung nicht allein lösen können. Unternehmen spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Talenten im technischen Bereich und müssen ebenfalls dazu beitragen, die nächste Generation von Web-Ingenieuren zu fördern.
"Sie und Ihre Unternehmen können das auch tun", ermutigte Hafer. "Sie können dafür sorgen, dass Sie auch in drei Jahren noch großartige Entwickler, großartige Marketingexperten und großartige Menschen haben werden, die diese Konferenzen besuchen, um sich mit anderen Unternehmen zu vernetzen."
Die Redner erläuterten mehrere Ansätze, die Unternehmen verfolgen können:
- Investieren Sie in frühe Partnerschaften. Wenn man Kinder schon in jungen Jahren einbezieht, kann man ihr Interesse an der Technologie wecken, bevor sie sich feste Vorstellungen davon machen. Durch die frühe Einbindung sind sie motivierter, neue Konzepte zu erforschen.
- Bieten Sie Praktika und Mentorenschaftenfür ältere Schüler an. Diese Erfahrungen sollten sich an den Interessen der Schüler orientieren und nicht an der Agenda des Unternehmens, um ihnen zu helfen, relevante Fähigkeiten in Bereichen zu entwickeln, für die sie sich begeistern.
- Vermitteln Sie Branchenwissen in der Schule. In vielen Bildungseinrichtungen sind Experten aus Technologieunternehmen willkommen, um mit Schülern zu sprechen, praktische Lernmöglichkeiten anzubieten und die nächste Generation von Fachleuten zu inspirieren.
Fazit: In Tech-Talente muss langfristig investiert werden
Der Weg zur Förderung von technischen Talenten erfordert Geduld und langfristiges Denken. Auf die Frage nach dem Return on Investment für Bildungsinitiativen verwendete Hafer eine musikalische Analogie: "Eines der schwierigsten Dinge, wenn man Menschen, die noch kein Instrument spielen, das Spielen beibringen will, ist, dass man nicht einfach anfangen und sofort großartige Ergebnisse erwarten kann. Helmich bekräftigte diesen Punkt: "Dies ist keines dieser vierwöchigen Bootcamps. Es gibt keine sofortige Auszahlung. Man muss geduldig sein."
Indem wir die nächste Generation von IT-Fachleuten auf Zusammenarbeit, intrinsische Motivation und kreative Problemlösungen vorbereiten, schaffen wir die Grundlage für ein Web, das auch in den kommenden Jahrzehnten noch florieren kann. Die spezifischen Technologien werden sich ändern, aber die kollaborative Denkweise und die Leidenschaft für Innovation sind zeitlose Qualitäten, die der nächsten Generation von Technikern zugute kommen werden.